An diesem Frühsommertag weckt mich der Traktor, der neben dem Haus die Wiese mäht. Es wurde allerhöchste Zeit, denn das Gras war schon knapp einen Meter hoch. Ich schaue aus dem Fenster, blinzle gegen die Morgensonne und entdecke ein Weißstorchpärchen in kurzem Abstand hinter dem Traktor entlang schreiten. Sicher halten sie nach Mäusen Ausschau, die sich sonst im Schutze des dichten Grases versteckt halten. Sobald der Traktor am Ende der Wiese wendet, fliegen die rotbestrumpften Vögel kurz auf und landen wieder hinter dem Trecker. Man könnte denken, der Traktorist hat sie als Nachhut engagiert. Doch die Störche sind nicht allein. Ein Rotmilan kreist über der Wiese. Er fliegt tief, nicht viel höher als die Stromleitungen. Urplötzlich stürzt er hinab, um kurze Zeit später wieder mit einem Nagetier in den Fängen in die Lüfte zu steigen.
Ich gehe hinaus und will mir das Spektakel von Nahem ansehen. Inzwischen hat der Traktor die knappe halbe Wiese gemäht. Die Störche schreiten noch immer in kurzem Abstand hinter der Maschine her. Am Rand der Wiese lauert der schwarze Nachbarskater auf Beute. Er würdigt mich keines Blickes, obwohl er mich sonst immer mit einem Mauzen begrüßt. Aber bei der Nahrungssuche kennt man eben keine Freunde.
Als ich die Wiese betrete, fliegt eine Schar Spatzen erschrocken aus einem Grashaufen auf. Etliche Meter weiter sehe ich einige Amseln, die begierig Würmer aus dem Boden picken. Inzwischen ist der Rotmilan zurück gekehrt und zieht seine immer enger werdenden Kreise über der Wiese. Ich schaue noch eine Weile dem Treiben zu. Dann begebe ich mich wieder nach Hause, wo mich bereits frischer Kaffeeduft erwartet. Anderen bei der Futtersuche zuschauen macht nämlich hungrig.
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